Welt-COPD-Tag: Eberhard Jordan stellt sich der Challenge, 48 Treppen zu steigen

Seit 2018 stellt sich Eberhard Jordan immer am Welt-COPD-Tag einer persönlichen, sportlichen Herausforderung. Auch heute ist es wieder soweit. Damit kämpft der COPD-ler nicht nur gegen das Fortschreiten seiner Erkrankung an. Er möchte auch mehr Aufmerksamkeit für die schwere, chronische Lungenerkrankungen erreichen. Obwohl in Deutschland 6.000.000, in Österreich 400.000 und in der Schweiz 400.000 an der Krankheit diagnostiziert sind, kennt die Mehrheit die Erkrankung nicht oder unterschätzt die massiven Auswirkungen, welche sie auf das Leben hat. Eberhard Jordan selbst lebt mit COPD im Endstadium bereits seit 2014. Mit zunächst kleinen Zielen, wie den kurzen Fußweg von zuhause zur Bushaltestelle zu schaffen, schaffte er es nach und nach aus einem massiven gesundheitlichen Tief heraus. 2018 startete der Wiener seine erste Challenge mit der Besteigung des Stephansturms mit 343 Stufen, gerade weil Treppensteigen eine der größten Herausforderungen für Menschen mit COPD ist. Für die COPD-Challenge 2019 bezwang er die 776 Stufen des Wiener Donauturms. Für 2020 hat er die 843 des Millenium Towers im Visier. Mit den Challenges möchte er beweisen: Auch mit COPD gelingt ein aktives Leben.

PARI Blog: Herr Jordan,welche Bedeutung hat der Welt-COPD-Tag für Sie persönlich?

Eberhard Jordan: Vor meiner eigenen Diagnose kannte ich die Krankheit COPD noch überhaupt nicht, geschweige denn den dazugehörigen Welt-Tag. Heute bestimmt der Welttag bereits Monate im Voraus mein Tun, da ich mich jedes Jahr aufs Neue einer Herausforderung stellen möchte. Ich organisiere und trainiere viel für diesen Tag. Aus meiner Einzelaktion in 2018 ist mittlerweile ein Verein hervorgegangen. Wir denken bereits weiter und haben uns zum Ziel gesetzt, 2021, in die Idee der COPD-Challenge mehr Reha-Einrichtungen in Österreich einzubinden. Danach möchten wir daraus eine Bewegung machen, welche COPD-Betroffene auch aus den anderen deutschsprachigen Ländern erreicht. 2022 sollen auch in Deutschland und der Schweiz COPD-Challenges stattfinden! Wir freuen uns über jede Lungen-Reha-Einrichtung oder Lungensportgruppe, die sich unserer Bewegung anschließt und unterstützen gerne mit Infos und Erfahrungen.

PARI-Blog: 343 Stufen in 2018, 776 Stufen in 2019 und jetzt mit dem Milleniums Tower nochmal fast 70 Stufen mehr. In 2020 werden es also 843 Stufen sein, was circa 48 Stockwerken entspricht. Ist das nicht etwas ambitioniert für einen COPDler im Endstadium?

Eberhard Jordan: Ambitioniert ja, aber nicht zu ambitioniert. Ich werde mich damit nicht übernehmen. Sich zu übernehmen ist grundsätzlich keine gute Idee, da dies dem Körper und einem selbst nicht guttut. Ich setze mir gerne ein Ziel und arbeite darauf hin, dieses zu erreichen. Habe ich es erreicht, setze ich mir das nächste Ziel. Dabei lege ich die Messlatte natürlich höher. Die Herausforderung reizt mich. Ich sehe das sportlich. So ist meine Einstellung. Daher steigere ich von Challenge zu Challenge auch mein Ziel. Außerdem helfen mir meine Erfahrungen aus den vorherigen Challenges und den Trainingseinheiten. Ich kann mich einschätzen. Mein Körper erinnert sich an diese Art der Belastung und stellt sich darauf ein. Bei meinen COPD-Challenges geht es mir nicht darum, besonders schnell anzukommen oder einen Rekord aufzustellen. Ich möchte es schaffen, um zu zeigen: Auch mit sehr schwerer COPD kann man noch etwas schaffen. Auch mit COPD kann man aktiv sein. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass drei Stockwerke zu steigen, wie ein Ding der Unmöglichkeit wirken können. Aber mit Training kann man es schaffen. Mit Sport erkämpft man sich Freiheit und Selbständigkeit zurück. Das Schlimmste, was Menschen mit COPD tun können, ist, sich in den Strudel der Hoffnungslosigkeit, Inaktivität und Unbeweglichkeit ziehen zu lassen.

PARI-Blog: Sie plädieren also für Sport, um die COPD zu bekämpfen. In welchem Ausmaß betreiben Sie Sport?

Eberhard Jordan: Auf die Challenge bereite ich mich das ganze Jahr vor. Je näher der Tag der Challenge rückt, umso intensiver trainiere ich und hebe das Pensum an. Aktuell habe ich nur einen Tag pro Woche Trainingsfrei und zwar freitags. Montag, Mittwoch, Donnerstag und Samstag trainiere ich zuhause. Mein Programm dauert circa zweieinhalb Stunden und beinhaltet Ausdauer-, Kraft- sowie Atemwegstraining. Dienstags übe ich gezielt das Treppensteigen. Mit meinem Physiotherapeuten zusammen steige ich aktuell die 20 Stockwerke des ersten Hochhauses Wiens zwei Mal hoch und runter. Allerdings sehr, sehr langsam. Ab nächster Woche werden wir die 20 Stockwerke dreimal steigen. Sonntags gehe ich 10 Kilometer durch den Prater spazieren. Dafür brauche ich ungefähr zwei Stunden. Über die Woche hinweg bin ich also gut beschäftigt mit Sport, weil es mir Spaß macht und sich positiv auf Körper und Geist auswirkt. Um die allgemeine Fitness zu verbessern, muss man das freilich Sport nicht so intensiv betreiben wie ich. Zwei bis drei Mal pro Woche eine bis eineinhalb Stunden Sport reichen aus. Macht die Bewegung Spaß, kommt die Steigerung des Pensums von selbst.

PARI-Blog: Inwiefern beeinflusst die aktuelle Corona-Pandemie Vorbereitungen, Training und die Durchführung der Challenge?

Eberhard Jordan: Wir mussten einiges anpassen. Das begann schon beim Training. Auf die Challenge bereitete ich mich bisher im Rahmen eines Reha-Trainings vor. Aufgrund des Corona-Virus und der damit einhergehenden Bestimmungen, musste die Trainingsgruppe eingestellt werden. Zudem war es für mich belastend, immer und überall zu hören, ich gehöre zur Risikogruppe. Als chronisch Lungenkranker hat man grundsätzlich Respekt vor Viruserkrankungen vor schweren Erkältungen, vor der Grippe, also auch vor einer Corona-Infektion. Man wiegt immer ab, wie schütze ich mich, welches Risiko kann ich eingehen. Durch die massive Berichterstattung über das Virus und täglich gesagt zu bekommen, dass man besonders gefährdet sei, übt starken Druck auf Betroffene aus. Ich halte mich an sämtliche Hygienemaßnahmen. Aber auch für chronisch Kranke muss es möglich sein, noch ein „normales“ Leben trotz des Virus führen. Ich empfinde es so, als würden chronisch Kranke durch die öffentliche Meinung ins Abseits geschoben. Als würden wir behandelt wie Aussätzige. Das fühlt sich nicht schön an.

Corona hat aber nicht nur für mich persönlich Änderungen gebracht, sondern auch für die COPD-Challenge. Parallel zu meiner Challenge in Wien findet an der Bergiselschanze in Innsbruck auch eine Challenge statt. Hier beteiligen sich nicht COPD-ler, sondern auch Patienten, die eine COVID-19-Erkrankung hinter sich haben.

PARI-Blog: Lieber Herr Jordan, vielen Dank für das intertessante Gespräch. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg für Ihre Challenge und gute Gesundheit!

 

Über Eberhard Jordan:
Bei Eberhard Jordan wurde 2000 COPD diagnostiziert. Seit 2014 leidet er an COPD im 4. Grad. Seit 2017 betreibt er einen Blog zum Thema Aktives Leben mit COPD. Außerdem berichtete er in einem zweiten Blog über seine Aktion myCOPD-Challenge.  Damit setzt er sich dafür ein, dass der schwerwiegenden Lungenerkrankung COPD in der Öffentlichkeit mehr Beachtung geschenkt wird. 2020 hat Jordan seine Erfahrungen mit einem Leben mit COPD auch in einem Buch ‚Hoch hinaus mit COPD‘ zusammengestellt. Das Werk ist im Buchhandel vor Ort und online per Versandhandel erhältlich.

Hinweis zum Bildmaterial: Fotos freundliche zur Verfügung gestellt von Eberhard Jordan. Fotograf: Christoph Hopf

 

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Hinweis: Bei den im Interview getroffenen Aussagen handelt es sich um die individuelle Sichtweise des Interviewten. Diese spiegeln nicht zwangsläufig die PARI Sichtweise oder den allgemeinen Stand der Wissenschaft wider.


Ein Beitrag der PARI-BLOG Redaktion.


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