Nasenspray abhängig? Woran ein Apotheker Nasensprayabhängigkeit sofort erkennt

Von Nasenspray abhängig sind mehr Menschen als gedacht. Denn der Gewöhnungseffekt kann sich schnell einstellen. Genauer gesagt bereits nach etwa sieben Tagen. Wer das Nasenspray da nicht absetzt, kann ungewollt in die Abhängigkeit rutschen. Sie fragen sich, woran Sie eine Nasensprayabhängigkeit erkennen? Darüber haben wir mit Stephanie Weltrich-Streit gesprochen. Die Apothekerin betreibt seit um die 25 Jahren ihre Apotheke im Landkreis Erding und trifft in ihrem Berufsalltag häufig auf Nasensprayabhängige.

PARI-Blog: Frau Weltrich-Streit, woran erkennen Sie, dass jemand von Nasenspray abhängig ist?

Stephanie Weltrich-Streit: Es gibt keine äußeren Merkmale für eine Nasensprayabhängigkeit. Manchmal kann die Stimme ein bisschen nasal klingen. Aber das ist nicht das ausschlaggebende Kriterium, da eine nasale Stimme auch andere Ursachen haben kann. In unserer Apotheke erkennen wir die Abhängigkeit vor allem am Einkaufsverhalten. Die Betroffenen kaufen meist Großpackungen preisgünstig oder viele Packungen gleichzeitig.

Um Vermutungen vorzubeugen, behaupten sie, sie würden auch den Nachbarn ein Nasenspray mitbringen oder den anderen Familienmitgliedern, weil derzeit alle stark verschnupft seien. Häufig wird zu kostengünstigen Produkten gegriffen. Bei einer regelmäßigen und häufigen Anwendung des Nasensprays ist der geringe Preis des Produktes ein wichtiges Kriterium. Wenn wir auf die Gefahr des Gewöhnungseffektes bei Nasensprays hinweisen, wiegeln die Betroffenen meist ab und unterbinden ein weiteres Gespräch.

PARI-Blog: Warum kann man von Nasenspray abhängig werden? Wie kommt es zur Abhängigkeit?

Stephanie Weltrich-Streit: Wenn von Nasenspray Abhängigkeit gesprochen wird, ist eigentlich ein Gewöhnungseffekt gemeint. Es handelt sich nicht um eine Sucht im klassischen Sinne. Die Anwendung von Nasensprays hat keinerlei berauschende Wirkung. Es gibt auch keinen Kick. Aber das Verhalten der Betroffenen kann mit dem Verhalten eines Süchtigen verglichen werden.

Betroffene haben das zwanghafte Gefühl, das Nasenspray verwenden zu müssen und können nicht darauf verzichten. Sie müssen es immer dabeihaben. Dabei rutschen sie unbewusst in die Sucht hinein, weil Betroffene immer das Gefühl einer verstopften Nase haben, und nicht richtig einatmen können. Gegen dieses unangenehme Gefühl wird mit dem Nasenspray angesprüht. Dazu kommt, dass das Sprühen zur Gewohnheit wird und seinen festen Platz im Tagesablauf einnimmt, zum Beispiel immer abends vorm Schlafen gehen. Das passiert oft bereits nach fünf bis sieben Tagen.

PARI-Blog: Wodurch entsteht der Gewöhnungseffekt?

Stephanie Weltrich-Streit: Nasensprays, die einen Gewöhnungseffekt auslösen können, enthalten als Wirkstoffe Sympathomimetika wie Xylometazolin oder Oxymetazolin. Diese wirken abschwellend. Meist werden diese Nasensprays zunächst angewendet, um Symptome eines Schnupfens oder einer Nasennebenhöhlenentzündung zu mildern. Die Nasenschleimhaut ist hier durch den Infekt angeschwollen und behindert die Atmung. Das Spray lässt die Schleimhaut abschwellen. Dadurch lässt es sich besser atmen. Außerdem kann das Nasensekret besser abfließen.

Der abschwellende Effekt stellt sich dadurch ein, dass das Spray die Gefäße in der Nasenschleimhaut verengt. Nach fünf bis sieben Tagen kommt es allerdings zum sogenannte Rebound-Effekt. Das bedeutet: Bei einer zu langen oder übermäßigen Anwendung des Sprays führt der gefäßverengende Effekt des Nasensprays zu einer schlechteren Durchblutung der Nasenschleimhaut. Dadurch geht der Selbstschutz der Nasenschleimhaut zurück. Die Nase schwillt nicht mehr wegen des Infektes, sondern wegen des Sprays an. Das Verstopfungsgefühl bleibt oder verschlimmert sich sogar. Und dann wird gesprüht und gesprüht und gesprüht.

PARI-Blog: Wie äußert sich eine Nasenspray Abhängigkeit?

Stephanie Weltrich-Streit: Das Suchtverhalten äußert sich in dem Gefühl, nicht mehr auf das Spray verzichten zu können. Betroffene greifen immer häufiger zum Spray. Ich selbst habe diese Erfahrung gemacht. Aufgrund eines hartnäckigen Nasennebenhöhleninfektes wendete ich ein abschwellendes Nasenspray an. Irgendwann fiel mir auf, dass ich das Spray bereits acht Tage gewohnheitsmäßig genutzt und damit den Anwendungszeitraum unbewusst überschritten hatte.

Als mir das klar wurde, habe ich das Spray abgesetzt und auf andere Alternativen zurückgegriffen. Damit war eine Ausheilung des Infektes nach der Akutphase sehr gut möglich. Hier können zum Beispiel Nasensprays ohne Gewöhnungseffekt auf Basis hypertoner Salzlösung helfen. Diese befeuchten sowie pflegen die Nasenschleimhaut und verflüssigen das Nasensekret.

PARI-Blog: Frau Weltrich-Streit, vielen Dank für das interessante Gespräch!

Extra-Tipp
Es gibt auch Sprays OHNE Gewöhnungseffekt auf Basis von hypertoner Salzlösung und natürlichen Wirkstoffen. Nutzen Sie direkt Nasenspray, die keinen Gewöhnungseffekt auslöse oder steigen Sie nach fünf Tagen auf ein alternatives Nasenspray um, wie zum Beispiel auf NasoDirect. Das Nasenspray basiert auf hypertoner Salzlösung und dem natürlichen Wirkstoff Captomucil.

Bin ich Nasenspray abhängig? 7 Dinge, die auf eine Nasenspray Abhängigkeit hinweisen können

Wenn Sie bei sich folgende Symptome und Verhaltensweisen beobachten und seit über einer Woche ein Nasenspray mit Sympathomimetika als Wirkstoff verwenden, sollten Sie an den Gewöhnungseffekt denken, der sich wie folgt zeigt:

  • zwanghaftes Gefühl, das Nasenspray benutzen zu müssen
  • regelmäßige Verwendung des Sprays immer zu bestimmten Tageszeiten oder Anlässen mehrmals am Tag
  • das Gefühl einer ständig oder häufig verstopften Nase
  • das Gefühl nicht richtig einatmen zu können, zu wenig Luft durch die Nase zu bekommen (vor allem abends, zur Bettruhe)
  • trockene Nasenschleimhaut
  • Borkenbildung
  • Neigung zu Nasenbluten

Über Stephanie Weltrich-Streit

Stephanie Weltrich-Streit leitet seit 25 Jahren eine Apotheke in Landkreis Erding mit dreizehn Angestellten. Sie hat Pharmazie studiert und ist Fachapothekerin für Allgemeinpharmazie.


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Hinweise: Bei den im Interview getroffenen Aussagen handelt es sich um die individuelle Sichtweise der Interviewten. Diese spiegeln nicht zwangsläufig die PARI Sichtweise oder den allgemeinen Stand der Wissenschaft wider.

Der Inhalt des Beitrags stellt außerdem keine Therapieempfehlung dar. Die Bedürfnisse von Patienten sind individuell sehr verschieden. Vorgestellte Therapieansätze sollen nur als Beispiele dienen. PARI empfiehlt Patienten, sich stets mit ihrem behandelnden Facharzt und Physiotherapeuten abzusprechen.


Ein Beitrag der PARI-BLOG Redaktion.


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