Eine Australienreise dürfte wohl für jeden etwas Besonderes sein. Für mich war die Reise ans andere Ende der Welt Traum und potentielles Wagnis zugleich. Denn ich leide an der Erbkrankheit Mukoviszidose. Diese zerstört peu à peu meine Lunge. Eine weite Reise, die einen mindestens 23-stündigen Flug mit sich bringt, könnte für meine Lunge zu anstrengend sein. Trotzdem bereiste ich im Winter 2017 drei Wochen die australische Ostküste mit dem Camper. Es war die bisher schönste Reise meines Lebens.
Wenn ein Gesunder Lust auf eine Australienreise mit dem Camper hat, dann macht er das einfach. Vielleicht muss er eine Weile darauf hin sparen, aber diese finanzielle Hürde dürfte die einzige sein, die es zu nehmen gilt. Für mich bringt eine Australienreise mehrere Herausforderungen mit sich. Denn ich leide an Mukoviszidose (auch Cystische Fibrose oder CF genannt).
Mukoviszidose ist eine Erbkrankheit. Das Sekret vieler Körperdrüsen ist zähflüssiger als bei Gesunden. Der zähflüssige Schleim verstopft lebenswichtige Organe, vor allem die Lunge. Der viele Schleim ist ein idealer Nährboden für Bakterien und macht mich sehr anfällig für Infekte und Lungenentzündungen. Das wiederum führt zur Zerstörung meines Lungengewebes. Um diesen zerstörerischen Prozess möglichst aufzuhalten, mache ich zwei Mal täglich eine Stunde eine spezielle Inhalations- und Atemtherapie für Mukoviszidose und muss viele Medikamente einnehmen.
Trotz dieser Anstrengungen werden meine Lungenfunktion und Leistungsfähigkeit in Zukunft weiter zurückgehen. Irgendwann werde ich für lange Flugreisen nicht mehr fit genug sein. Ein gewisses Risiko besteht zwar auch jetzt, dass der extreme Langstreckenflug von 23 Stunden und eine intensive Reise zu anstrengend für meine Lunge sein könnte. Aber besser wird’s nicht. Deswegen: jetzt oder nie – ab nach Australien mit Mann und Kind!
Neben den üblichen Reisevorbereitungen, die jeder kennt, muss ich zusätzlich Recherchen und Vorkehrungen bezüglich meiner Mukoviszidose treffen. Es gilt neben meinen üblichen Medikamenten auch Notfall-Medikamente sowie ein Attest meines Arztes für das Mitführen der vielen Arzneien zu besorgen. Wichtige Fragen müssen geklärt werden: Wo befinden sich Mukoviszidose-Ambulanzen, sollte ein Notfall eintreten? Wo kann ich mich hinwenden, sollte mein Inhaliergerät kaputtgehen? Welcher Campingplatz bietet die idealen hygienischen Voraussetzungen, um eine Infektionen mit Keimen möglichst zu vermeiden? Wo finde ich destilliertes Wasser, das ich zur Sterilisation der Vernebler meines Inhaliergerätes benötige? Das Wichtigste ist aber das Packen meiner Medikamente und Utensilien für meine Inhalations- und Atemtherapie. Alles kommt ins Handgepäck, denn wenn davon etwas abhandenkommt, habe ich ein richtig großes Problem.
Pro Tag nehme ich über 35 Tabletten ein und inhaliere zwei Mal mit mindestens fünf unterschiedlichen Medikamenten. Für eine dreiwöchige Reise kommt ein hübsches Häufchen zusammen, das aus ca. 800 Tabletten, 300 Ampullen Inhalationslösung, wie Kochsalzlösung und Hypertoner Kochsalzlösung, und einigen Dosieraerosolen besteht. Kein Wunder also, dass ich mit dem Packen meines Therapiekrams gut und gerne vier Stunden beschäftigt war: Medikamente raussuchen, abzählen, zur Sicherheit nochmal abzählen, so umpacken, dass sie möglichst wenig Platz im Handgepäck einnehmen. Alle Inhalationsvernebler und Atemtherapiegeräte reinigen, sterilisieren, trocknen lassen, einpacken.
Für die dreiwöchige Australienreise hatte ich so viel medizinisches Equipment dabei, dass ich einen Teil davon ins Handgepäck meines Kindes und meines Mannes auslagern musste. Zudem galt es zu bedenken, dass ich während der Reise zwei Mal inhalieren und meine Medikamente einnehmen musste. Der Flug dauerte 23 Stunden! Daher verstaute ich Inhalationssachen und Medikamente für die Therapie während des Fluges in einem separaten Beutel, um es schnell griffbereit zu haben.
Meine Inhalations- und Atemtherapie ist für mich etwas sehr Intimes. Ich inhaliere nur vor meiner Familie und sehr engen Freunden. Deswegen war es für mich der blanke Horror im Flugzeug zwischen fremden Personen meine Therapie machen zu müssen. Ich muss dabei manchmal stark husten, das Sekret rasselt in meinen Atemwegen. Das muss nicht jeder mitbekommen. Aber bei einem 23-Stunden-Flug blieb mir nichts anderes übrig.
Also ab mit dem Kopf unter ein großes Tuch, Inhaliergerät an und los geht’s. Ich weiß nicht, ob es an dem Tuch lag, das wie ein Nebelzelt wirkte, oder an der Atmosphäre im Flugzeuge – die hypertone Kochsalzlösung schmeckte viel salziger als sonst. Aber irgendwie war der Geschmack angenehm. Die Vorzüge meines Inhaliergerätes eFlow®rapid waren mir schon immer bewusst. Aber noch nie war ich so dankbar, dass der eFlow praktisch geräuschlos ist und innerhalb von fünf Minuten das Medikament vernebelt. Mal ganz davon abgesehen, dass die Inhalation an Board überhaupt nur möglich war, weil der eFlow auch mit Batterien betrieben werden kann. Ich muss gestehen, dass ich keine Stunde Therapie gemacht, sondern mich auf 20 Minuten beschränkt habe.
Wir waren fast jeden Tag auf der Straße. Zum Glück übernahm mein Mann während des gesamten Urlaubs das Fahren. Er bezeichnete sich selbst als „Fahrsklave“. Aber so konnte ich die Fahrtzeiten für Inhalation und Therapie nutzen. Zum ersten Mal in meinem Leben musste ich nicht eineinhalb Stunden früher aufstehen als der Rest der Familie, um meine Therapie zu erledigen, bevor das „normale“ Tagesprogramm begann. Mein Mann startete den Motor, ich legte Batterien in den eFlow ein und inhalierte los.
An Tagen, an denen wir am gleichen Ort blieben und nicht fuhren, inhalierte ich manchmal im Freien vor dem Camper – natürlich nur, wenn der Rest des Campingplatzes noch schlief.Meine Dehn- und Mobilisationsübungen kamen während des gesamten Urlaubs etwas zu kurz. Dafür war es im Camper zu beengt und irgendwie fehlte mir bei unserem straffen Reiseprogramm auch die Zeit. Stattdessen griff ich während der Fahrt häufiger zum PEP S System, einem kompakten Atemtherapiegerät zur Sekretmobilisation. Nicht ganz unproblematisch war die Lagerung meiner Medikamente. Bei teilweise 34 Grad Außentemperatur wurde es im Camper extrem heiß, wenn wir diesen während unserer Ausflüge auf dem Parkplatz stehen ließen. Viele Medikamente dürfen nicht über 25 Grad gelagert werden, weil sie sonst kaputtgehen. Daher verstaute ich den Großteil meiner Medikamente im Camper-Kühlschrank. Für Nahrungsmittel war darin leider nicht mehr so viel Platz.
Camping ist ehrlicherweise nicht meine bevorzugte Art zu reisen. Das liegt daran, dass ich öffentliche Toiletten und Bäder benutzen muss. Üblicherweise herrschen dort schlechtere hygienische Bedingungen als im heimischen Bad – also mehr Viren und Bakterien. Insbesondere der Feuchtkeim Pseudomonas aeruginosa ist für Menschen mit Mukoviszidose ein Problem. Dieser wird zum Beispiel in die Luft gewirbelt, wenn man bei offenem Toilettendeckel runtergespült.
In machen Campingplatz-Toiletten gibt es gar keinen Deckel. Der Pseudomonas kann bei Mukoviszidose-Patienten die Lunge besiedeln und sorgt für fiese Entzündungen. Ein eigenes WC und Dusche an Board zu haben, war daher ein Grund für den Camper. Was ich vor Reiseantritt nicht bedacht hatte, dass sich im Wassertank des Campers auch der Pseudomonas bilden kann. Das brachte mehrere Schwierigkeiten mit sich. Auf duschen, Gesicht waschen und Zähne putzen mit dem Wasser aus dem Tank wollte ich dann doch lieber verzichten.
Daher nutze ich doch die Bäder der Campingplätze. Das Wasser war übrigens gechlort. Auch beim Geschirr abspülen, Gemüse und Obst waschen mit dem Tankwasser hatte ich ein schlechtes Gefühl, bestand die doch Gefahr, den Pseudomonas zu mir zu nehmen. Daher nutze ich fast immer Wasser, das wir im Supermarkt kauften. Als eher unappetitlich stellte es sich auch heraus, ein Plumpsklo bei 34 Grad dabei zu haben und nicht täglich zu leeren – wir haben ab und zu wild gecampt. Ich war heilfroh mein Breitspektrum-Antibiotikum dabei gehabt zu haben.
Die Ostküste Australiens eignet sich auf jeden Fall als Reiseziel für Mukoviszidose-Patienten – von dem unmenschlich langen Flug mal abgesehen. Die Meerluft, das warme Klima und geringe Luftverschmutzung sind ideal für Lungenkranke. Außerdem besteht in Australien ein strenger Nichtraucherschutz. Alle Hotels, Hostels etc. sind reine Nichtraucherunterkünfte. Auch in Restaurants, Cafés und Pubs herrscht absolutes Rauchverbot. Selbst in den Außenbereichen, wie Terrassen und Gärten von Lokalen, und im Eingangsbereich darf nicht geraucht werden. In Australien gibt es generell weniger Raucher als zum Beispiel in Deutschland. Das ist mir sofort aufgefallen. Während der drei Wochen habe ich insgesamt nur 20 Raucher gesehen – ich habe wirklich mitgezählt! Auf die meisten Raucher traf ich in Sydney und Melbourne. Die Hand voll, die mir an der Küste begegneten, waren meist (deutsche) Touristen.
Alex (Pseudoym), geboren 1977, leidet an Mukoviszidose. Sie arbeitet als freiberufliche Redakteurin und ist Mutter eines Kindes. Für den PARI-Blog schreibt sie persönliche Geschichten über das Leben mit Mukoviszidose, über Herausforderungen, die mit der Krankheit einhergehen, und sammelt für den Blog praktische Tipps zum Thema Atmung und Inhalation.
Hinweis: Bei den im Erfahrungsbericht getroffenen Aussagen handelt es sich um die individuelle Sichtweise der berichtenden Person. Diese spiegeln nicht zwangsläufig die PARI Sichtweise oder den allgemeinen Stand der Wissenschaft wider.
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Ein Beitrag der PARI-BLOG Redaktion.
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