Schwanger werden und schwanger sein mit Mukoviszidose: ein Erfahrungsbericht

Mittlerweile ist es keine Seltenheit mehr, dass Frauen mit Mukoviszidose (Cystische Fibrose, CF) Kinder bekommen. Trotzdem birgt eine Schwangerschaft mit CF Risiken und sollte daher gut überlegt und vorbereitet sein. Eine Mutter mit CF teilt ihre Erfahrungen im PARI Blog.

Will ich ein Kind?

Seit ich denken kann, lebe ich trotz meiner Mukoviszidose ein „normales Leben“. Ich tue alles dafür, dass das so bleibt – zum Beispiel zwei Mal täglich inhalieren. Als vor 15 Jahren meine jüngere, gesunde Schwester ein Kind bekam, sah ich mich zum ersten Mal mit der Frage konfrontiert: Möchte ich auch irgendwann ein Kind bekommen? Und falls ja, geht das mit meinem kranken Körper überhaupt? Wird sich mein Gesundheitszustand durch eine Schwangerschaft verändern? Auch wenn ich damals keinen konkreten Kinderwunsch hatte, wollte ich meine „Optionen“ kennen. Hatte ich eine Wahl? Durfte ich mir einen Kinderwunsch erlauben?

„Ein Kind geht. Zu mehr Kindern würde ich Ihnen nicht raten.“

Da ich Klarheit wollte, fragte ich meinen damaligen Lungenfacharzt frei heraus. Seine Antwort: „Ein Kind geht. Zu mehr Kindern würde ich Ihnen nicht raten. Mit jedem Kind könnten sich Ihre Lungenfunktion und Ihr allgemeiner Gesundheitszustand verschlechtern. Eine Schwangerschaft ist für den Körper anstrengend und Kinder großziehen auch. Ich habe vier.“

Damals wurde mir bewusst: Wenn ich ein Kind wollte, sollte ich nicht warten, bis ich 40 war. Die Lungenfunktion einer CF-Patientin wird im Laufe des Lebens ja tendenziell schlechter als besser. Je besser die Lungenfunktion ist, umso besser ist die Ausgangslage für eine Schwangerschaft.

Vorbereitung auf die Schwangerschaft

Vier Jahre später war ich in einer festen Beziehung und wir beide wünschten uns ein Kind. Ich war mittlerweile 35 – also nicht gerade jung. Ich arbeitete Vollzeit plus Überstunden. Mein FEV1 lag bei 66 Prozent – kein Traumwert, es geht aber auch schlimmer. Ich hielt mich mit Ausdauertraining fit. Meinen Diabetes hatte ich unter Kontrolle.

Um für eine potenzielle Schwangerschaft ideal vorbereitet zu sein, mussten Vorbereitungen getroffen werden. Unter anderem die Umstellung der Medikation: Alle Medikamente, die einem Fötus schaden konnten, wurden abgesetzt beziehungsweise durch andere ersetzt. Folsäure, Calcium und ein paar andere Medikamente bekam ich zusätzlich.

Ich musste häufiger zu Kontrollterminen, um Infekte möglichst früh zu erkennen. Damit sollte vermieden werden, dass ich einen schweren Infekt bekomme, den man wegen einer möglichen Schwangerschaft nicht optimal behandeln kann. Außerdem ließ sich mein Partner testen, ob auch er CF-Erbträger ist.

Keine Zeit vergeuden

Bei Frauen mit Mukoviszidose gibt es eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass es länger dauert, bis eine Schwangerschaft eintritt – wurde mir gesagt. Daher bekniete ich meinen Gynäkologen von Beginn an, uns direkt ins Kinderwunschzentrum zu überweisen. Ich wollte nicht erst wertvolle Jahre und FEV1-Prozentpunkte verstreichen zu lassen, um am Ende vielleicht doch festzustellen, dass es auf natürlichem Weg nicht klappt. Nach sechs Monaten des vergeblichen Versuchens überwies er uns schließlich ans Kinderwunschzentrum.

Eine Mama mit Mukoviszidose – was bedeutet das für das Kind?

Mit dem Schritt ins Kinderwunschzentrum wurde es ernst. Zwar braucht man auch bei einer künstlichen Befruchtung Glück, dass es mit dem Schwanger werden und dem Schwanger bleiben klappt. Aber man tut dafür schon deutlich mehr, als nur im Eisprungkalender die fruchtbaren Tage zu markieren.

Daher beschäftigte mich eine Frage jetzt besonders intensiv: Werde ich früher sterben als eine gesunde Mutter? Ist es fair, dieses Risiko einem Kind anzutun? Wie stark wird meine chronische Erkrankung das Kind psychisch belasten? Will ich einem Kind das zumuten? Diese Fragen beantwortete ich für mich schließlich mit Gegenfragen: Welches Leben ist lebenswert? Ist ein Leben nicht lebenswert, wenn die Mutter krank ist oder früh verstirbt?

Zu meiner Beruhigung zeigen zudem Studien, dass bei Kindern von CF-lern nur dann psychische Auffälligkeiten auftreten, wenn der kranke Elternteil klinisch bedeutsam zu Ängsten und Depressionen neigt (Ullrich, Gerald (2015): Erfahrungen aus erster Hand. Mütter mit CF berichten über ihren Alltag, Schwerin. S. 122). Also rein ins Kinderwunschzentrum und ran an die Hormonspritzen, ständigen Kontrolltermine, die Entnahme der Eizellen und schließlich das Einsetzen der befruchteten Eizellen.

Schwanger werden mit Mukoviszidose

Eine künstliche Befruchtung ist eine zeitaufwändige und in meinem Fall teils sehr schmerzhafte Prozedur. Schmerzhaft war die Entnahme der Eizellen aus den Eierstöcken, die normalerweise unter Vollnarkose erfolgt – zumindest in dem Kinderwunschzentrum, in dem ich war. Um meine Lunge zu schonen, verzichtete man bei mir auf die Narkose.

Die Entnahme war nicht ganz so schmerzhaft wie der Geburtsschmerz, aber kam dem schon ziemlich nahe. Ich war davon so geschwächt, mein Kreislauf war so im Tal, dass ich kurz vor der Krankenhauseinweisung stand. Zu dieser kam es zum Glück nicht. Im Anschluss an die Entnahme lag ich allerdings drei bis vier Tage ausschließlich auf der Couch, um mich zu erholen. Für gewöhnlich wird man für den Tag danach krankgeschrieben und gut ist es.

Wenigstens hatte mein Körper so viele Eier produziert, dass wir „Material“ für vier bis fünf Versuche hatten. Der erste Versuch führte zu einer Eileiterschwangerschaft, die eine Absaugung und Ausschabung nötig machte. Der zweite Versuch war erfolglos. Beim dritten Versuch hat es dann geklappt. Ich war schwanger! Das Herz des Fötus schlug und ich wanderte vom Kinderwunschzentrum zurück zur Betreuung beim Gynäkologen.

Schwanger sein mit CF

Abgesehen von einem fiesen Infekt, den ich mir im ersten Trimester einfing (es war Winter), ging es mir während der Schwangerschaft meistens gut. Auch der Infekt führte weder für mich noch für mein Kind zu größeren Komplikationen, obwohl eine intravenöse Antibiotika-Therapie nötig war.

Mittlerweile arbeitete ich freiberuflich und weniger als 40 Stunden die Woche. Durch die Freiberuflichkeit konnte ich mir Zeit und Pausen einteilen, wie ich wollte. Das war auch gut so. Es gab ein paar Wochen, in denen ich sehr müde war und jeden Tag einen Mittagsschlaf brauchte.

Außerdem hatte ich noch häufiger Arzttermine als vor der Schwangerschaft schon. Sehr engmaschig musste ich mich beim Gynäkologen, Pneumologen und Diabetologen vorstellen – alle ein bis zwei Wochen war ich bei irgendeinem Arzt.

Hinzu kamen Untersuchungen der Pränatal-Diagnostik und damit eine weitere bedrückende Fragestellung: Was tun, wenn das Kind eine schwere Behinderung hat? Sollte ich das Kind auch dann austragen und meinen Körper strapazieren, wenn das Kind vielleicht schon nach drei Jahren an einer angeborenen Erkrankung sterben würde? Würden wir es schaffen, ein schwer behindertes Kind groß zu ziehen, wo ich selbst doch die ein oder andere gesundheitliche Herausforderung zu bewältigen habe? Welches Leben ist lebenswert? Zum Glück mussten wir nie eine solch schwere Entscheidung treffen.

Vorbereitung auf die Geburt und das Leben mit einem Neugeborenen

Meine Schwangerschaft verlief unauffällig und ohne Probleme – fast. Denn mein Kind kam fünf Wochen zu früh. Es gibt ein gewisses Risiko für Frühgeburten bei Schwangeren mit CF. Bei mir hatte damit aber keiner gerechnet. Es gab keinerlei Anzeichen dafür. Einen Tag vorm Blasensprung war ich sogar noch bei der Gynäkologin in der Geburtsklinik.

Daher war ich auf die Geburt schlecht vorbereitet. Keine Medikamente und Klamotten fürs Krankenhaus gepackt. Kein Essen für die Tage nach der Klinik vorgekocht und eingefroren. Nichts. Naja. Es hat trotzdem irgendwie funktioniert. Dennoch würde ich schwangeren CF-Patientinnen raten, ab sechs Wochen vorm Geburtstermin folgende Vorbereitungen zu treffen:

  • Tasche für Krankenhaus inkl. Medikamenten packen
  • Essen vorkochen und einfrieren: mit meinem Säugling hatte ich keine Zeit etwas für mich zu kochen
  • hochkalorische Trinknahrung zuhause haben
  • den Partner darauf einschwören, dass er sich ab der Geburt (auch wenn Frühgeburt) mindestens zwei Wochen Urlaub nimmt

Mit dem Kind fangen die Herausforderungen erst an

Schwanger zu sein mit CF ist ein Zuckerschlecken im Vergleich zum Mutter sein mit CF, wenn das Kind ein Baby und Kleinkind ist. Mit Kind regelmäßig Zeit zu finden, seine Inhalation, Atemtherapie und vielleicht auch noch Sport zu machen, ist durchaus eine Herausforderung. Trotz Kind seinen Gesundheits- und Fitnesszustand zu halten, ist wichtig, aber schwierig. Denn Schlafmangel, Infekte, Fremdbestimmtheit durch das Kind werden zum fast täglichen Begleiter – das Leben wird komplett durcheinandergewirbelt.

Die gute Nachricht zum Schluss: Ist das Kind vier Jahre alt, hat man die größten Herausforderungen gemeistert. Und ab sechs Jahren wird es dann definitiv einfacher. Zumindest war es bei mir so. Mein Kind ist jetzt neun.


Die Autorin möchte anonym bleiben.


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Hinweis: Es handelt sich um einen persönlichen Bericht der Autorin. PARI hatte keinen Einfluss auf den Inhalt des Beitrags.


Ein Beitrag der PARI-BLOG Redaktion.


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