Leben mit Cystischer Fibrose (CF/ Mukoviszidose) im Erwachsenenalter. Interview mit Thomas Malenke

Wie es ist mit der Erbkrankheit Mukoviszidose (auch Cystische Fibrose, CF) erwachsen zu werden und erwachsen zu sein? Thomas Malenke, selbst CF-Patient, teilt seine Erfahrungen im Interview.

PARI-Blog: Herr Malenke, was unterscheidet das Erwachsenwerden mit CF vom Erwachsenwerden ohne diese Krankheit?

Thomas Malenke: Das Erwachsenwerden und Leben mit CF unterscheidet sich deutlich von dem eines gesunden Menschen. Zumindest gilt das für mich, da ich 1966 geboren wurde. Damals waren die medizinischen und therapeutischen Möglichkeiten zur Behandlung von Mukoviszidose noch sehr eingeschränkt und sind in keiner Weise mit heute vergleichbar. Das beeinflusst alles – auch den Blick aufs Leben. Dieser stand immer eher unter dem Motto „Hauptsache überleben“, was mir eine gewisse Leichtigkeit genommen hat und noch nimmt.

Mein gesunder Bruder hingegen ging schon immer unbefangener und freier durch den Alltag als ich. Mit Mukoviszidose wird man eher zu einem Manager seiner eigenen Gesundheit. Mein Alltag ist straff durchgetaktet mit festen Zeiten für Atemphysiotherapie – also Inhalation und Mobilisationsübungen – sowie Medikamenteneinnahmen. Außerdem muss ich mindestens alle drei Monate zum Kontrolltermin zum Lungenfacharzt, also in die CF-Ambulanz.

PARI-Blog: Wie unterscheidet sich Ihr Leben jetzt im Vergleich zu Ihrer Kindheit?

Thomas Malenke: Im Lauf der Zeit wurden die Behandlungsmöglichkeiten für Mukoviszidose immer besser. Es gibt seit vielen Jahren gute Enzyme für die Verdauung, Antibiotika und effiziente Inhalationsgeräte sowie Inhalationslösungen. Das alles gab es nicht, als ich Kind war. In meinem ersten Lebensjahr war ich drei Monate im Krankenhaus. Da bin ich dem „Tod wirklich knapp von der Schippe“ gesprungen.

Ansonsten hatte ich als Kind wenig Probleme. Abgesehen davon, dass ich schrecklich dünn war: unter anderem durch die strikte fettarme Diät, an die man sich ohne die derzeitigen wirksamen Enzyme damals halten musste. Mit 16 begannen die Lungenprobleme. Ich habe viel gehustet und jeden Infekt mitgenommen. Mit 20 lag ich sechs bis sieben Wochen mit einer Lungenentzündung flach.

Erst mit 20 fing ich also an zu inhalieren. Durch die Verfügbarkeit und Einnahme besserer Enzyme und die daraus resultierende Gewichtszunahme sowie generell bessere Medikamente und Therapieansätze stabilisierte sich mein Gesundheitszustand seit den 1990er Jahren. Seit Kurzem habe ich viel Hoffnung durch die CFTR-Modulatoren-Therapie. Ich nehme die Tabletten zwar noch nicht lange, aber sie zeigen bereits Wirkung.

PARI-Blog: Seit wann nehmen Sie CFTR-Modulatoren? Was hat sich seither verändert?

Thomas Malenke: CFTR-Modulatoren nehme ich seit ungefähr zwei Monaten. Meine Lungenfunktion hat sich deutlich verbessert, mein Blutzucker auch. Allerdings habe ich Bluthochdruck entwickelt. Ich atme freier und benötige weniger Insulin (ich leide seit einigen Jahren auch an einem Mukoviszidose-bedingtem Diabetes).

Trotz der verbesserten Atmung setze ich meine Inhalations- und Atemtherapie wie bisher fort. Ich möchte nichts riskieren. Außerdem hörte ich von einer aktuellen Studie, dass die Lungenfunktion stabil bleibt, wenn man trotz CFTR-Modulatoren weiter inhaliert – und diese eher abnimmt, wenn man die Inhalationstherapie absetzt. Durch die Modulatoren erhöht sich die Lebenserwartung weiter deutlich.

PARI-Blog: Zum Erwachsensein gehören auch Beziehungen. Wie beeinflusst CF Ihre Beziehung zu Partnerinnen?

Thomas Malenke: Es ist eine Herausforderung, da man mit CF nicht wie ein gesunder Mensch planen kann. Ich zum Beispiel plane immer nur für die nächsten drei Jahre. Daher haben meine frühere Frau und ich uns gegen ein Kind entschieden, weil uns die Verantwortung zu groß war. Die statistische Lebenserwartung war damals sehr gering.

Aber auch ansonsten müssen Partnerinnen eines CF-lers robust und resilient sein und mit dem Umstand zurechtkommen, dass man – egal, was ist – geradlinig und konsequent seine Therapie durchführt und Zeit dafür braucht. Dies ist eine Herausforderung.

Vernunft und Gesundheit stehen im Vordergrund. Risiken wie zum Beispiel Reisen in entfernte Länder mit medizinischen Standards, die deutlich unter denen von Deutschland liegen, gehe ich nicht ein: zu gefährlich für meine Lunge. Mir fehlt oft die Lockerheit eines Gesunden, wofür meine Freundin Verständnis aufbringen muss.

PARI-Blog: Wie wirkt sich CF auf Ihre berufliche Laufbahn aus?

Thomas Malenke: Da ich durch die Ungewissheit über meine Zukunft immer nur in Drei-Jahres-Abschnitten plane, habe ich eine steile Karriere mit Überstunden und so weiter von vornherein ausgeschlossen. Und daher auch nicht an der Uni studiert. Aber ich arbeite seit meinem 19. Lebensjahr, aktuell als Projektleiter, und habe eine 40-Stunden-Woche.

PARI-Blog: Wie gehen Sie mit der potenziellen eingeschränkten Lebenserwartung um?

Thomas Malenke: Es ist in meinem Bewusstsein fest und dauerhaft verankert, dass Lebenszeit hier begrenzt ist. Leben ist aber eben immer unberechenbar, auch für Gesunde. Es geht darum, das Beste daraus zu machen und sich an die gegebenen Umstände anzupassen.

PARI-Blog: Wie sieht die tägliche Therapie aus?

Thomas Malenke: Ich inhaliere zweimal am Tag. Zunächst starte ich mit hypertoner, 3%-iger Kochsalzlösung. Dann mache ich Dehn- und Mobilisationsübungen für den Brustkorb. Morgens inhaliere ich danach noch ein Antibiotikum.

Außerdem achte ich darauf, Bewegung in meinen Alltag einzubauen. Daher fahre ich mit dem Rad zur Arbeit und nehme nicht den Lift, sondern die Treppe zum Büro. Es liegt im achten Stock. Eine wichtige Hilfe ist mir auch die regelmäßige Reha an der Nordsee.

PARI-Blog: Abschließend – was würden Sie anderen CF-Patienten und ihren Familien raten?

Thomas Malenke: Der Austausch mit anderen Betroffenen ist sehr wertvoll. Viele alltägliche Herausforderungen kann man besser bewältigen, wenn man von den Erfahrungen anderer profitiert. Ich engagiere mich auch seit 35 Jahren ehrenamtlich, um diesen Austausch zu fördern.

Mit den CFTR-Modulatoren wurde ein Riesenschritt in der Behandlung von Mukoviszidose gemacht. Kinder, die heute mit CF geboren werden, haben enorm viel bessere Aussichten, als ich es damals hatte. Geheilt wird die Krankheit auch dadurch natürlich nicht. Aber die Perspektive auf ein langes, normales Leben ist viel, viel besser. Ich denke, dass dieser Umstand Familien heute Hoffnung macht.

PARI-Blog: Lieber Herr Malenke, vielen Dank für dieses offene Gespräch und Ihre wertvollen Einblicke in das Leben mit CF.


Über Thomas Malenke

Thomas Malenke wurde 1966 mit der genetischen Erkrankung Mukoviszidose (CF) geboren. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, andere Betroffene zu ermutigen und den Austausch zu fördern. Bereits seit 35 Jahren engagiert er sich: beispielsweise bei der CF-Selbsthilfe Köln e. V., durch den Newsletter CF-Freundesbrief, Webinare sowie Blog-Artikel auf muko.info. Außerdem ist er einer der Autoren des Buches „Unser Kind hat Mukoviszidose“. 2018 wurde Thomas Malenke für seine Verdienste in der Selbsthilfearbeit mit der Ehrenurkunde des Mukoviszidose e. V. ausgezeichnet. 2022 erhielt er das Bundesverdienstkreuz.

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Hinweise: Bei den im Interview getroffenen Aussagen handelt es sich um die individuelle Sichtweise des Interviewten. Dies spiegelt nicht zwangsläufig die PARI Sichtweise oder den allgemeinen Stand der Wissenschaft wider.

CFTR-Modulatoren verbessern die bei der Mukoviszidose fehlerhafte Funktion des CFTR-Kanals. Seit 2020 ist in Deutschland eine Dreifachkombination von CFTR-Modulatoren zugelassen. Seitdem befindet sich die CF-Therapie im Wandel und wird noch individueller als bisher auf Zustand und Bedürfnisse des Patienten ausgerichtet.


Ein Beitrag der PARI-BLOG Redaktion.


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