Dienstag, 6. Oktober 2020
Ich will nicht inhalieren! Das Kind streikt und Sie sind der Verzweiflung nahe – wie so oft schon? Kommt Ihnen diese Situation bekannt vor? Ja? Sie sind nicht allein! So geht es den meisten Eltern und vor allem denjenigen Eltern, die ein Kind mit einer chronischen Atemwegserkrankung haben.
Laut Atemphysiotherapeutin Rita Kieselmann bringt die Inhalation mit Kindern zwei Herausforderungen mit sich: „Das ist zum einen das Erlernen der richtigen Inhalationstechnik und zum anderen, die Kinder zur Inhalation zu motivieren.“ Eine richtige Inhalationstechnik ist die Voraussetzung dafür, dass die Medikamente in die Bronchien gelangen und dort wirken können. Tipps, wie Sie Ihren Kindern helfen, eine richtige Inhalationstechnik zu erlernen, finden Sie im PARI Blog.
Meistens ist aber nicht das Lernen einer richtigen Atmung das Problem, sondern die Kinder zur Inhalation zu motivieren. „Das Thema Inhalation sorgt sehr häufig für Konflikte zwischen Eltern und Kind. Das kann auf Dauer belastend sein“, weiß Rita Kieselmann. Sie arbeitet seit über 45 Jahren als Atemphysiotherapeutin. In der Praxis betreut sie Kinder, die an schweren, chronischen Atemwegserkrankungen oder nur an einer akuten Bronchitis oder Lungenentzündung leiden und deshalb inhalieren müssen.
Mütter und Väter berichten regelmäßig über Konflikte mit ihren Kindern, wenn es um die Inhalation geht. Sie holen sich dann Kieselmanns Rat, wie sie ohne Diskussionen ihr Kind zur Inhalation bewegen können. Dem PARI Blog verrät die langjährig erfahrene Atemphysiotherapeutin 9 Tipps und Ideen die wir Ihnen in den nächsten Wochen vorstellen werden. In diesem Beitrag lesen Sie Tipp 4 bis 6.
Hier kommen Sie zu Tipp 1 bis 3 in Teil 1:
Hier kommen Sie zu Tipp 7 bis 9 in Teil 3:
Nicht nur bei Kindern mit akutem Bedarf an Inhalation, sondern vor allem bei Kindern mit chronischen Atemwegserkrankungen sind Gespräche sehr wichtig für die Akzeptanz und Durchführung der Inhalation. Rita Kieselmann hält Eltern dazu an, immer wieder mit ihren Kindern zu sprechen, gerade dann, wenn die Kinder streiken oder aus Lustlosigkeit schlampig inhalieren: „Eltern sollten ihren Kindern ehrlich sagen, dass sich der Gesundheitszustand ohne Inhalation verschlechtern kann. Dem Kind muss klar sein, dass nur durch eine richtige Inhalation das Medikament gut in den Bronchien deponiert werden und wirken kann. In den Gesprächen können die Eltern herausstellen, dass sie sich freuen, wenn es ihrem Kind gut geht, es nachts nicht wegen des Hustens aufwacht oder keine Rasselgeräusche und Giemen aus der Lunge zu hören sind. Den Kindern muss bewusstwerden, dass sie selbst zu ihrer Gesundheit durch ihre Inhalationstherapie beitragen können. Natürlich muss man altersgerecht erklären, behutsam vorgehen und darf dem Kind keine Angst machen, aber man muss es aufklären. Diese Gespräche verlangen den Eltern viel Geduld ab. Kommen die Kinder dennoch nicht zur Einsicht, sollte man auch die behandelnden Ärzte über die Uneinsichtigkeit informieren. Die Inhalation ist für die Gesundheit von Kindern mit chronischen Atemwegserkrankungen einfach zu wichtig, als dass man hier nachgeben könnte.“
Unabhängig vom Alter des Kindes hilft Konsequenz, ständige Diskussionen und Konflikte zu vermeiden. Etwas, was immer zum Tagesablauf gehört, wird irgendwann einmal nicht mehr angezweifelt, sondern übernommen. Rita Kieselmann betont: „Es gibt keinen ‘Inhalationsurlaub‘. Am Wochenende und in den Ferien muss weiterinhaliert werden. Inhaliergerät und Inhalationsmedikamente gehören selbstverständlich ins Gepäck, wenn es auf Reisen geht.“
Bei aller Wichtigkeit einer konsequenten Inhalation für die Gesundheit ihrer Kinder sollten Eltern nicht zu streng sein. Zu viel Strenge kann Kinder demotivieren und genau das Gegenteil von dem auslösen, was man eigentlich bewirken möchte. Rita Kieselmann erinnert sich an einen sehr strengen Vater, den sie in ihrer Praxis vor einigen Jahren miterleben durfte: „Der Vater korrigierte sein Kind mit Ungeduld, indem er sagte: ‚Jetzt hast du schon wieder zu kurz eingeatmet. Jetzt hast du zu schnell eingeatmet und hustest jetzt, reiß dich endlich mal zusammen.‘ Das Kind wurde immer stiller, sank in sich zusammen. Durch eine derartig strenge Kontrolle können sich Ängste und Widerstände im Kind verstärken. Daher ist es wichtig, auf das Kind einzugehen und Verständnis zu zeigen. Es ist nicht schlimm, wenn nicht jeder Atemzug zu 100 Prozent richtig ausgeführt wird. Es ist viel schlimmer, wenn Kinder mit der Inhalation negative Gefühle und die Angst in Verbindung bringen, von Vater oder Mutter geschimpft zu werden.“
Spielend geht alles einfacher und macht mehr Spaß. Warum sollte man nicht auch die Inhalation etwas spielerisch gestalten? “Im Rahmen der Inhalationstherapie bietet sich dabei an, Atemzüge grafisch als Bild darzustellen. Atmung zu verstehen und lernen diese zu steuern fällt Kindern schwer. Durch die Zeichnungen erhalten Kinder ein plastisches Bild ihrer Atmung. Sie sehen, wie sie atmen, ob die Atemzüge gleich lang oder ungleich oder zu kurz sind“, erläutert Rita Kieselmann und fährt fort: „Die Spiele basieren alle auf der gleichen Grundidee: Die Kinder atmen, die Eltern zeichnen zu den Atemzügen des Kindes ein bestimmtes Bild. Das können Raupenbeine, Berge, Spiralen oder andere Dinge sein. Eltern können ihrer Fantasie hier freien Lauf lassen.“
Rita Kieselmann arbeitet seit über 45 Jahren als Physio- und Atemtherapeutin. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Behandlung von Kindern und Erwachsenen mit chronischen Atemwegserkrankungen. Rita Kieselmann ist Gründerin des Arbeitskreises Physiotherapie im Mukoviszidose e. V. Zudem entwickelte sie Selbsthilfetechniken zum Sekret-Transport, wie zum Beispiel die modifizierte Autogene Drainage und Atemmanöver mit oszillierenden PEP-Systemen.
Ein Beitrag der PARI-BLOG Redaktion.
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