Richtig Lüften bei Corona: Hintergründe und Tipps für den Alltag

Richtiges Lüften von Innenräumen ist in Zeiten von Corona besonders wichtig. Denn das Ansteckungsrisiko mit Viren ist in Räumen höher als draußen. Aber wissen Sie, warum das so ist und wie richtiges Lüften wirklich geht? Wir klären auf.

Mit der kalten Jahreszeit verlagern wir viele Aktivitäten von der frischen Luft in den Innenraum. Damit spielt sich ein Großteil unseres Tages drinnen ab – vom Frühstück in der heimischen Küche, über Auto, Bus oder S-Bahn, bis hin zu Büro und Freizeitaktivitäten. Die Kommission für Innenraumlufthygiene des Umweltbundsamtes (IRK) beziffert den Anteil, den wir in Innenräumen verbringen, auf 80 bis 90 Prozent. Dem Coronavirus spielt dieses Verhalten in die Hände. Denn laut Robert Koch-Institut (RKI) kann sich die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung des Coronavirus über Aerosole bei längerem Aufenthalt in kleinen, schlecht oder nicht belüfteten Räumen erhöhen – und zwar auch über eine größere Distanz als zwei Meter.

Corona Ansteckungsrisiko in Innenräumen höher als im Freien – warum? Das sagen Wissenschaftler und Experten

Warum aber ist das Ansteckungsrisiko in Innenräumen höher als im Freien? „Sobald sich ein Mensch in einem geschlossenen Raum aufhält, belastet er die Luftqualität. Neben der Tatsache, dass er oder sie konsequent Kohlendioxid (CO2), ein giftiges Gas, produziert und Sauerstoff verbraucht, atmet man – je nach Belastung – auch eine unterschiedlich große Menge an Aerosolen aus, die potenziell mit Krankheitserregern belastet sein können, die dann von anderen Personen eingeatmet werden,“ erläutert die Technische Universität Berlin. Das gilt auch für Coronaviren.

Zudem konnte unter Laborbedingungen festgestellt werden, „…dass vermehrungsfähige Viren in luftgetragenen Partikeln bis zu drei Stunden nach der Freisetzung nachweisbar sind. In der Außenluft werden potenziell virushaltige Partikel in Verbindung mit den fast immer vorhandenen Luftbewegungen (Wind, Turbulenzen) rasch verdünnt“, so die IRK. Im Innenraum kommt es aber nicht zu dieser Verdünnung. Damit ist durch das beschränkte Luftvolumen in Innenräumen die Wahrscheinlichkeit einer Anreicherung infektiöser Partikel generell höher als im Freien. Die IRK weist zudem auf einen weiteren Umstand hin. Durch unsere Bewegungen und Aktivitäten, wie zum Beispiel beim Kochen und Putzen, trügen wir dazu bei, dass sich potenziell virushaltige Partikel innerhalb kurzer Zeit über mehrere Meter im Innenraum verteilten.

Laut Umweltbundesamt spielen für die Wahrscheinlichkeit, dass es in Innenräumen zu einer Infektion kommt, aber „…zahlreiche Faktoren eine Rolle, die von Fall zu Fall sehr unterschiedlich sein können: u. a. Zahl der anwesenden Personen, Aktivität der Personen, Raumvolumen, Luftwechsel, Luftströmung, die Art der vorhandenen Lüftung (Fensterlüftung, Lüftungsstechnik) und eventuell eingesetzte Filter.“

Sich mit Corona drinnen anstecken – einfach erklärt

Die einfache Erklärung und praxisorientierte für obigen Erläuterungen könnte lauten: Stellen Sie sich folgende Situation vor. Sie sitzen in einer Ecke des Raums – zum Beispiel in einem Gasthof oder Partyraum bei einer großen Feier oder im Büro mit Ihren Kollegen. In der anderen Ecke des gleichen Raumes befindet sich eine Person, die mit dem Coronavirus infiziert ist (und noch nichts von der Infektion weiß). Obwohl Sie keinen direkten Kontakt zu dieser anderen Person haben, können Sie sich anstecken und zwar alleine dadurch, dass Sie die gleiche Raumluft atmen. Dafür muss die infizierte Person nicht einmal husten, niesen oder sprechen. Es reicht aus, dass diese Person einfach nur atmet und damit Viren ausatmet, die sich über Aersole in der gesamten Raumluft verbreiten und so zu Ihnen gelangen. Es kann sogar der Fall eintreten, dass die erkrankte Person den Raum bereits verlassen hat, sie sich also niemals mit dieser Person gleichzeitig in einem Ram aufgehalten haben. Und Sie stecken sich trotzdem an, weil sich die Viren noch in der Luft befinden. Wie können Sie das verhindern? Lüften.  

Denn laut Kommission für Innenraumlufthygiene ist eine möglichst hohe Frischluftzufuhr eine der wirksamsten Methoden, potenziell virushaltige Aerosole aus Innenräumen zu entfernen.

Das heißt: In diesem Herbst und Winter ist Lüften besonders wichtig – und zwar richtig.

Richtig lüften hilft Infektionsrisiko zu senken – aber die meisten wissen nicht, wie das geht!

Prof. Martin Kriegel, Leiter des Hermann-Rietschel-Instituts der TU Berlin, forscht bereits seit Jahren an der Ausbreitung von Aerosolen. In Bezug auf die aktuelle Corona-Lage sagt er: „Entscheidend ist es, dass wir die bestehenden Regeln zum Lüften beachten. Sonderregeln sind derzeit noch nicht nötig.“ Allerdings gibt es lange nicht in allen Arbeitsstätten, Büros oder Schulen Lüftungsanlagen, die eine ideale Luftqualität gewährleisten. Daher empfiehlt der Wissenschaftler dringend, die Leitfäden zur Fensterlüftung zu beachten – zum Beispiel vom Umweltbundesamt und die Arbeitsstättenrichtlinie ASR 3.6

„Zahlreiche Studien zeigen, dass die meisten Menschen kein Gefühl dafür haben, wann und wie oft gelüftet werden muss, um die CO2-Konzentration unterhalb des Grenzwertes zu halten. Vom Gefühl her wird Fensterlüftung den Lüftungsanlagen häufig vorgezogen. Aber: In der Regel ist bei Fensterlüftung die Luftqualität deutlich schlechter. Wir verbinden oft die Temperatur im Raum mit der Luftqualität. Das ist aber völlig falsch“, weiß Martin Kriegel. Das habe zur Folge, dass wir viel zu selten lüften. Daher gilt es, die bereits bestehenden Regeln des richtigen Lüftens konsequent anzuwenden.

So geht Lüften: Tipps für die kalte Jahreszeit 

  1. Stoßlüftung bzw. Querlüftung: Fenster komplett öffnen, im Idealfall gegenüberliegende Fenster.
  2. Zwischen 5 und 15 Minuten lüften.
  3. In regelmäßigen Abständen lüften.
    Beispiele: Büroraum nach 60 Minuten lüften, Besprechungsraum nach 20 Minuten lüften.
  4. Bei Besuch zu Hause: während des Besuchs regelmäßig lüften.
  5. Bei Husten oder Niesen einzelner Personen sofort lüften – auch zu Hause.
  6. Bei sportlichen Aktivitäten – dazu kann auch Herumtoben von (Besucher-)Kindern zählen – mindestens 5 Mal pro Stunde lüften.

BITTE BEACHTEN: Generell reicht eine gute Lüftung allein nicht aus, um eine Übertragung des Coronavirus von einer erkrankten Person auf eine andere Person sicher zu verhindern! Eine gute Lüftung minimiert lediglich das Risiko.

 

Richtig lüften bei Corona – so geht’s

Laut Umweltbundesamt ist bei Fensterlüftung „…eine Querlüftung optimal, die über einen Durchzug über möglichst gegenüberliegende weit geöffnete Fenster Raumluft schnell gegen Frischluft austauscht. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass es durch die Lüftung nicht zu einer Verbreitung infektiöser Aerosole in andere Räume kommt. Als wirksam gilt auch eine Stoßlüftung bei weit geöffnetem Fenster (besser mehrere in einem Raum gleichzeitig) über einige Minuten Dauer. Bei Husten und Niesen einzelner Personen, egal ob zu Hause, im Büro oder in der Schule, sollte sofort eine Stoßlüftung durchgeführt werden. In stark belegten Räumen ist das bloße Ankippen der Fenster kaum wirksam, auch wenn dies dauerhaft erfolgt.“

Das Umweltbundsamt weist jedoch darauf hin: „Es ist zu beachten, dass eine gute Lüftung allein die Übertragung von SARS-CoV-2-Viren von einer erkrankten Person auf eine andere Person nicht generell verhindern kann. Dazu müssten sehr hohe, in der Praxis nicht realisierbare Luftwechselraten erreicht werden. In Innenräumen, die von mehreren Personen genutzt werden, sind daher zusätzliche Maßnahmen wie das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, das Abstandhalten und ein angepasster Nutzungsplan besonders wichtig.“

Im Übrigen ist laut IRK das Tragen von Mund-Nasen-Masken und das Einhalten des Mindestabstands nur dann ausreichend, wenn richtig gelüftet wird.

Für den Alltag heißt das: Wann immer wir lüften können, sollten wir es – im Büro, in der S-Bahn, zu Hause, beim Arzt, im Restaurant: Fenster öffnen und Frischluft reinlassen.

 

Hinweis: Bei dem Beitrag handelt es sich zum keine Handlungsempfehlung, sondern als Hilfestellung für den Alltag. 

 

Ein Beitrag der PARI-BLOG Redaktion.


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